Generika in der Tiermedizin

Auch in der Tiermedizin gibt es für viele Medikamente kostengünstigere Varianten und Generika. Häufig werden diese auch verordnet und eingesetzt.

Bei uns erhalten Sie jedoch nur in Ausnahmefällen Generika, denn wir setzen in der Praxis fast ausschließlich auf die Originalpräparate.

Warum das so ist und was wir uns dabei denken, das erläutern wir in diesem Artikel.

Woraus besteht ein Medikament ?

Wenn Sie ein Medikament, sei es eine Tablette, Kapsel oder einen Saft betrachten, besteht dies nicht zu 100% aus einem Wirkstoff. Damit der Wirkstoff in die genannte Form gebracht werden kann, benötigt man sogenannte Hilfsstoffe. Diese Hilfsstoffe sorgen auch dafür, dass der Körper den Wirkstoff aufnehmen kann und sie bestimmen oftmals, wie schnell und wie gut der Körper das kann.

Wir unterscheiden also zwischen dem Wirkstoff und der sog. Galenik.

Wie kommt ein Medikament das erste Mal in den Handel?

Bevor ein Medikament in den Handel kommen kann und am Patienten angewendet werden darf, muss es durch mehrstufige Zulassungstudien geprüft werden. In diesen Studien werden viele Daten erhoben. Dazu gehören neben der Wirksamkeit auch Aufnahmegeschwindigkeit, Wirkstoffspiegel im Blut, Auscheidungsraten und Ausscheidungswege und vieles Ander mehr.
Diese Daten werden ausgewertet und sind die Grundlage für die Zulassung.

Da damit viel Aufwand und hohe Kosten verbunden sind, erhalten die Hersteller dieser Original -Präparate einen langen Patentschutz (20 Jahre) und einen Zulassungsschutz von ca 10 Jahren. Erst danach dürfen Generikahersteller diese Medikamente „nachbauen“ und in Verkehr bringen.

Welche Studien gibt es?

Wenn ein Medikament auf dem Markt ist, wird es um Wirksamkeit und Nebenwirkungen weiter zu prüfen, natürlich weiter beobachtet. Aber es erfolgen auch Studien zum Einsatz des Medikamentes für das Zulassungsgebiet und zum Teil auch neben dem Zulassungsgebiet.
Die Ergebnisse dieser Studien werden dann veröffentlicht.

Beispiel:

Die Wirksamkeit des Medikamentes „Original Herz“ bei einer bestimmten genau definierten Form einer Herzerkrankung wird beobachtet und beschrieben.

Diese grundlegenden Studien werden nahezu immer mit den Originalpräparaten durchgeführt.

Und wie kommt ein Generikum in den Handel?

Für die Generika gelten weitaus niedrigere Zulassungshürden. Diese Medikamente müssen lediglich sogenannte Bioäquivalenzstudien bestehen. In diesen Studien muss der Hersteller zeigen, dass sein Generikum in etwa den gleichen Blutspiegel/Urinspiegel/etc. erreicht, wie das Originalpräparat.
Gelingt ihm dies, wird das Medikament zugelassen.

Worin unterscheiden sich dann Generika vom Original?

Der Wirkstoff im Originalpräparat ist ein chemisch genau definierter Stoff. Diesen findet man natürlich auch im Generikum wieder. Auch die auf der Packung angegebene Konzentration muss mit dem Inhalt der Tabletten natürlich übereinstimmen. Die Generika unterscheiden sich in der Galenik.

Warum sind Bioäquivalenz und Galenik denn so wichtig?

Wie oben beschrieben, sorgt die Galenik auch dafür, wie, wie schnell und wie gut das Medikament aufgenommen werden kann.
Setzen wir nun die mit dem Original-Präparat erreichten Wirkstoffspiegel mit 100% an.

Das Generikum wird zugelassen, wenn seine Werte mindestens 20% unterhalb und maximal 25% oberhalb dieser Wirkstoffkurve liegen.

Bioäquivalenz

Rot: Original-Präparat, Grün: Vertrauensbereich der Generika

Bei bestimmten Medikamenten liegen die Grenzen etwas enger: 10% unterhalb und 11% oberhalb der Originalkurve sind zulässig.

Worauf kommt es nun an?

Wenn also ein Medikament 20% weniger bioäquivalent sein darf, um noch zugelassen zu sein, kann es dazu führen, dass das Medikament im einzelnen, individuellen Patienten unterdosiert wird und damit wirkungslos ist. Bei Antibiotika fördert das Unterschreiten des Wirkspiegels im Körper sogar Resistenzen der Bakterien. Herzmedikamente entfalten nur zum Beispiel nur zu 80% die gewünschte Wirkung und verkürzen Lebenszeit und -qualität.

Wenn ein Medikament 125% Bioäquivalenz zeigt, könnte das Auftreten von Nebenwirkungenbeim einzelnen Patienten häufiger werden.

Bildlich gesprochen:
In Bayern muss eine Original Maß Bier 1 Liter Bier enthalten um als richtig eingeschenkt zu gelten.
Eine Generika-Maß wäre mit 800ml immer noch richtig eingeschenkt und nicht zu beanstanden. Sie wäre aber auch mit 1250ml Bier korrekt eingeschenkt.

Während sich in Bayern über die erste Variante (800ml) jeder beschweren würde, würde jeder die zweite Variante (1250ml) akzeptieren.
Jedoch müsste man bei Variante 1 mehr Maß Bier trinken, um die gewünschte Wirkung zu erreichen und man würde Variante 2 spätestens am nächsten Tag büßen.

Unsere Schlussfolgerung

Wegen dieser großen Unterschiede in den Bioäquivalenzen bei den Generika, setzen wir in der Praxis ausschließlich Originalpräparate ein.
Nur die Wirksamheit dieser Original-Zusammensetzung wurde akribisch geprüft und ist somit einschätzbar.

Originalpräparate sind zwar in der Regel etwas teuerer als die Generika, dafür erhalten wir aber eine sichere Wirkung und einen kontrollierbaren Wirkungsverlauf.
In unseren Augen sind Medikamente, deren Wirkspiegel eine Schwankungsbreite von 45% haben darf, für den Patienten am Ende dann doch zu teuer; insbesondere wenn ein Leben davon ahängen kann.

Ein Tip zum Schluss

Sollte Ihr Tier auf bestimmte Medikamente – auch Generika – bereits eingestellt sein, vorallem Antiepileptika oder Diuretika, sollten Sie aus obengenannten Gründen nicht von Marke zu Marke wechseln.

Aber bei ausbleibender/mangelhafter Wirkung kann ein Wechsel auf das Original sehr hilfreich sein.

Herzliche Grüße

Dr. Klaus Sommer